Wie geht es weiter mit der Musikschule und der VHS?

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An Musikschulen arbeiten Lehrkräfte festangestellt oder freiberuflich. Die Bezahlung der freien Musikschullehrkräfte ist in der Regel deutlich geringer als die ihrer Kolleg*innen in Festanstellung. Sie sind zwar über die Künstlersozialkasse (KSK) kranken-, pflege- und rentenversichert, alle anderen Risiken müssen sie allerdings eigenständig tragen. Sie haben keinen richtigen Kündigungsschutz und werden im Krankheitsfall oder in den Ferien nicht fortbezahlt. Dieses Missverhältnis bemängelt auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Tempelhof-Schöneberg und stellt deshalb eine Große Anfrage in der kommenden Bezirksverordnetenversammlung (BVV) zur Zukunft der Lehrkräfte an der Musikschule und der Volkshochschule (VHS) im Bezirk.

Grünen-Fraktionsvorsitzender Bertram von Boxberg erklärt: „In Berlin sind nur 23 Prozent der Lehrkräfte an Musikschulen fest angestellt, in Brandenburg sind es 72 Prozent. Noch unter dem rot-rot-grünen Senat war die Zahl der Festanstellungen von sieben auf 23 Prozent gestiegen. Seither ist trotz einschlägiger Rechtsprechung nichts mehr passiert.“ Im Sommer 2022 hatte das Bundessozialgericht (BSG) ein wegweisendes Urteil („Herrenberg-Urteil“) gefällt, das einen Paradigmenwechsel in Bezug auf die Situation freischaffender Lehrkräfte an Musikschulen bedeutet. Das Gericht stellte fest, dass regelmäßig mangels unternehmerischer Freiheit einerseits und der Eingliederung in den Betrieb andererseits, echte Selbstständigkeit an einer Musikschule kaum herzustellen sei. Obwohl es sich um eine Einzelfallentscheidung handelte, fand das Urteil ob seiner grundlegenden Argumentation bundesweit Beachtung und Konsequenzen. In Baden-Württemberg und Bayern sind z.B. alle Musikschullehrkräfte fest angestellt.

Von Boxberg betont: „Mit den Honorarverträgen an Musikschulen haben Kommunen und private Träger lange von der Rechtslage profitiert und Sozialversicherungsbeiträge eingespart. Es muss Rechtssicherheit auch für die Mitarbeitenden im Bezirksamt geschaffen werden.“ Deshalb stellt die Grünen-Fraktion acht Fragen an das Bezirksamt. So wollen die Grünen u.a. wissen, welche Folgen das sog. „Herrenberg-Urteil“ auf die zukünftige Arbeit der Musikschule und der VHS im Bezirk hat, insbesondere in Bezug auf den Abschluss neuer Honorarverträge, und ob vor diesem Hintergrund Honorarkräfte unter denselben Voraussetzungen wie bisher an der Musikschule rechtssicher weiterarbeiten können.

Wie bewertet das Bezirksamt die Tatsache, dass der Senat lediglich mit einer Empfehlung vorschlägt, „auf eine persönliche Haftung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die Honorarverträge für die Einrichtungen unterschreiben, zu verzichten“, anstatt durch eigene Maßnahmen die Mitarbeitenden der Bezirke rechtssicher vor möglichen Haftungsansprüchen zu schützen, fragen die Grünen.

Sie möchten auch wissen, ob die Bezirke genügend Unterstützung seitens des Senats bekommen, um die Arbeitsfähigkeit der öffentlichen Musikschulen sicherzustellen, vor allem bei der nun notwendigen Umstellung von Honorarverträgen in Festanstellungsverträge.

„Wir wollen auch wissen, wie sich die Zahlen der festangestellten Mitarbeitenden der Musikschulen seit 2017, also seit einer entsprechenden Initiative der BVV, entwickelt haben“, sagt der Grünen-Fraktionschef. Das Bezirksamt soll auch beantworten, inwieweit es geboten ist, dass der Senat den Beschluss des Musikschulbeirates, die Honorarverträge von Musikschullehrkräften in tarifliche Anstellungsverhältnisse umzuwandeln, zügig umsetzt und wie die in Aussicht gestellte „dauerhafte Lösung für die Gestaltung der Beschäftigungsverhältnisse an Volkshochschulen und Musikschulen“ aus Sicht des Bezirks Tempelhof-Schöneberg aussehen könnte.

„Was bedeutet die von der Senatsfinanzverwaltung noch nicht bzw. verspätet erfolgte Freigabe der vom Abgeordnetenhaus beschlossenen Mehrmittel für VHS-Honorare in Höhe von berlinweit 5,72 Mio. Euro im laufenden Haushaltsjahr und die Mehrmittel für die Jugendkunstschulen (JuKS) für die termingerechte Bekanntgabe und Vertragsvereinbarung des Herbstkursprogramms der VHS?“, möchte der Grünen-Politiker von Boxberg ebenso vom Bezirksamt erfahren.