Bürgerbeteiligung am Barbarossaplatz – für CDU, SPD und LINKE egal: Parkplätze wichtiger als Aufenthaltsqualität und Klimaanpassungsmaßnahmen

Foto: Wolfsturm

Der Barbarossaplatz in Schöneberg soll in den kommenden Jahren fußverkehrsfreundlich und klimaresilient umgestaltet werden. Die Ergebnisse einer eigens dazu erstellten Machbarkeitsstudie wurden im März dieses Jahres im Rahmen eines Bürgerbeteiligungsverfahren in einer öffentlichen Veranstaltung vorgestellt.

So wurden drei Varianten zur Umgestaltung intensiv beraten, Pro- und Kontraargumente eingehend diskutiert. Die Anwesenden, darunter Vertreter*innen der benachbarten Grundschule, der anliegenden Volkshochschule (VHS) sowie Anwohnende und Interessierte, diskutierten ergebnisoffen und befürworten schließlich Variante drei.

Parallel wurden Fokusgruppen aus der Schule und der VHS sowie alle relevanten Träger öffentlicher Belange angehört.

Aber auch die Beteiligten am im Anschluss stattgefundenen Onlinebeteiligungsformat haben sich mehrheitlich für die dritte Variante und damit für eine deutliche Reduzierung des Autoverkehrs ausgesprochen. Den Schulweg sicherer zu gestalten sowie insgesamt die Aufenthaltsqualität zu verbessern, waren vielen Beteiligten wichtig. So soll hier nämlich die innere Platzfläche allein Fußgänger*innen vorbehalten werden und Radfahrende rücksichtsvoll den Rand des Platzes mitbenutzen.

„Das macht auch Sinn“, so Annabelle Wolfsturm, fußverkehrspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, „denn nur mit der Variante drei ist es möglich, möglichst viel Straßenland zu entsiegeln und damit nicht nur die Aufenthaltsqualität zu erhöhen, sondern auch etwas für das Klima zu tun. Beides sind wichtige Schritte auf dem Weg zur Schwammstadt.”

Doch das Ergebnis dieses transparenten und demokratischen Beteiligungsprozesses spielt für CDU, SPD und LINKE im Bezirk offenbar keine Rolle. Zum Eklat kam es in der Verkehrsausschusssitzung am Donnerstag: Die CDU stellte mit ihrem Antrag in der Juni-BVV, der nun im Ausschuss beraten wurde, das Verfahren insgesamt und sogar das Ergebnis in Frage. Und das, weil Parkplätze wegfallen sollen. Fakt ist allerdings, dass schon in der jetzigen Situation auf der Innenseite des Platzes Parkverbot herrscht. SPD und LINKE schlossen sich schließlich mit fadenscheinigen Argumenten an und argumentierten zusätzlich, dass anliegende Straßen abgehängt würden, weil die Eisenacher Straße, die Barbarossastraße und die Schwäbische Straße zu Sackgassen werden würden.

Bis Ende 2027 sollten eigentlich die Maßnahmen, wie von den Bürger*innen abgestimmt, umgesetzt worden sein, doch eine Mehrheit aus CDU, SPD und LINKE haben nun nachträglich eine völlig andere Version beschlossen.

Dazu Astrid Bialluch-Liu, verkehrspolitische Sprecherin für den Fahrradverkehr: „Ich bin sehr enttäuscht. Nach einem vorbildlichen Beteiligungsverfahren für die klimaresiliente, rad- und fußverkehrsfreundliche Umgestaltung des Barbarossaplatzes haben CDU, SPD und LINKE gegen die Ergebnisse der Beteiligung und für den Erhalt der autogerechten Stadt votiert, denn es sollen nach deren Auffassung der Verkehrsfluss für den Autoverkehr und möglichst viele Parkplätze erhalten werden.“

Auch Wolfsturm ist entrüstet: „Hier würden mit der Variante drei vor allem solche Parkplätze entfallen, die nie existiert haben. Wichtig ist auch, und das ist der Teil des Fußverkehrsprojekts, dass der Bereich vor der Grundschule praktisch dem Gehweg zugeschlagen wird und frei von Autos und Radverkehr bleibt beziehungsweise wird. Das erhöht sogar die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmenden. Auch die Innenfläche mit dem denkmalgeschützten Kinderbrunnen wäre endlich wieder zugänglich.“

Nun stehe nicht einmal mehr die am wenigsten favorisierte und auch mit am wenigsten Änderungen einhergehende Variante 1 auf dem Tableau, denn die Verhinderungsfraktionen CDU, SPD und LINKE wollen nun auch den Modalfilter gestrichen haben, was einem Schlag ins Gesicht der Beteiligung gleichkäme.

„Das ist doch völlig absurd, Ergebnisse eines Bürgerbeteiligungsverfahrens in Frage zu stellen. Variante 3 ist objektiv die beste Variante. Sie berücksichtigt die Interessen des Fuß- und des Radverkehrs in Kombination mit der Klimaresilienz in optimaler Weise. Gerade die Eisenacher Straße ist eine wichtige Nord-Süd-Verbindung für den Radverkehr und befindet sich im Radvorrangnetz des Radverkehrsplans“, so beide verkehrspolitischen Sprecherinnen der Grünen-Fraktion.

Das Projekt wird vom Bundesprogramm „Anpassung urbaner Räume an den Klimawandel“ sowie der Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt mit 2,7 Mio. Euro gefördert. Für den Kiez wurde 2023 ein Einwohnerantrag für einen Kiezblock gestellt und es soll Modellcharakter haben. Dafür ist das Geld da und nicht für die Ideen aus dem letzten Jahrhundert.