Ein Ehrengrab für Lotte Backes

Foto: von Boxberg

In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts war es noch selten, dass Frauen als Komponistinnen wirken konnten. Lotte Backes ist eine dieser Frauenpersönlichkeiten. Auch sie musste als Komponistin aufgrund ihres Geschlechtes Zurückweisungen erdulden, setzte sich aber durch. Bertram von Boxberg, Fraktionsvorsitzender und kulturpolitischer Sprecher der Grünen: „Es ist wichtig, an Frauenpersönlichkeiten, die erfolgreich gewirkt haben, öffentlich zu erinnern. Eine Möglichkeit der Erinnerung ist die Verleihung des Ehrengrabstatus.“

Das Bezirksamt soll sich bei den zuständigen Senatsstellen für Umwidmung des Grabes von Lotte Backes zum Ehrengrab einsetzen. Das hat die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) in ihrer Juni-Sitzung auf Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und SPD nun einstimmig beschlossen.

Das öffentliche Wirken von Lotte Backes (1901-1990) begann mit ihrer überaus erfolgreichen nationalen und internationalen Tätigkeit als Konzertpianistin. Sie galt als hervorragende Liszt-Interpretin und wurde deshalb vom Liszt-Erben Siegfried Wagner engagiert. Weiterhin gehörten die Klavierwerke der französischen Spätromantiker und Impressionisten zu ihrem Hauptrepertoire. Schon in den 1930er-Jahren des 20. Jahrhunderts erlangte das kompositorische Schaffen von Lotte Backes große Beachtung und Wertschätzung in der Fachwelt. Dadurch wurde ihr das Kompositionsstudium in der Meisterklasse der Preußischen Akademie der Künste ermöglicht.

Nachdem 1945 – kurz vor Kriegsende – die meisten ihrer bis dahin geschaffene Werke einem Brand zum Opfer fielen, wagte sie einen Neuanfang als Komponistin mit stärkerer Orientierung an modernen Stilmitteln. Die Hauptbedeutung des kompositorischen Wirkens von Lotte Backes lag im Bereich von Orgelkompositionen und Werken der geistlichen Vokalmusik.

Als Gründerin und Leiterin der „Berliner Kammerchorvereinigung“ (1945-1961) war sie schließlich maßgeblich am Wiederaufbau des öffentlichen Musiklebens Berlins nach dem Zweiten Weltkrieg beteiligt. Lotte Backes gab nach Ende des Krieges 1945 das allererste öffentliche Konzert überhaupt in der Zwölf-Apostel-Kirche. Im April 1982 erhielt sie für ihre kompositorische Leistung das Bundesverdienstkreuz.

Dass ihre Musik auch heute noch Aktualität besitzt, zeigte sich bei zwei mit Begeisterung auf genommenen Konzerten der Zwölf-Apostel-Gemeinde im Mai dieses Jahres, betont der Grünen-Fraktionsvorsitzende. Auf dem Alten Zwölf-Apostel-Kirchhof gibt es momentan neun Ehrengräber. Bertram von Boxberg: „Nicht eines davon ist einer Frau gewidmet. Das beantragte Ehrengrab für Lotte Backes ist auch eine Maßnahme, diesen unhaltbaren Zustand allmählich zu ändern.“